Geschacher um die EU-Posten – na und?

sdfgDas war eine Europawahl. Die AfD zieht erstmals in ein Parlament ein. Das Geschacher um die EU-Posten läuft auf vollen Touren. Es wird gezofft. Der EU-Experte Werner Weidenfeld sagt mir im Interview, das Geschachere gehöre elementar zum Politischen. Auch verrät er, warum das alles der Kanzlerin nicht schadet.

Was wurde auf die AfD geschimpft. Nun zieht die eurokritische Partei erstmals in ein Parlament ein. Hat die selbst ernannte „neue Volkspartei“ eine Zukunft im deutschen Parteiengefüge?

Die AfD sammelt eine elementare Strömung an skeptischen Einstellungen zusammen. Wie lange sich das hält, ist völlig offen – und hängt nicht zuletzt vom weiteren Stil und von der programmatischen Entfaltung der AfD ab. Das ist eine ‚Stimmungswolke‘ – nicht mehr und nicht weniger.

Schadet die AfD auf lange Sicht der FDP und auch der Macht der Kanzlerin, weil mit den Liberalen womöglich ein altgedienter Koalitionspartner wegbricht?

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Professor Dr. Werner Weidenfeld, Politikwissenschaftler in München.

Der FDP schadet alles, was ihre bisherige Anhängerschaft weiter zu anderen Ufern weglockt – selbst in das Lager der Nicht-Wähler. Der taktisch höchst versierten Kanzlerin schadet diese Entwicklung nicht. Sie verfügt über andere Optionen.

Nach dem Aufmarsch der Anti-Europäer und Populisten: Lassen sich die nationalen Regierungen von den populistischen Forderungen anstecken?

Die nationalen Regierungen sollten ihr europäisches Profil schärfen. Manch eine Regierung und manch eine Partei wird jedoch der Versuchung nicht völlig widerstehen, die Populisten in einzelnen Akzenten zu kopieren.

Zurück zu Europa. Es sitzen bald viele Eurokritiker, Populisten und Nationalisten im EU-Parlament. Genügt es, ein Bündnis der Proeuropäer zu schmieden? Oder braucht es einen Politikwechsel?

Das Wahlergebnis forciert die informelle Große Koalition im Europäischen Parlament. Langfristig notwendig bleibt jedoch die Entwicklung einer großen strategischen Perspektive. Europa sollte nicht in seiner Ratlosigkeit stecken bleiben.

Welche Rolle spielt Deutschland?

Deutschland spielt eine moderate Führungsrolle – in Stil und Timing, in Inhalten und Personalfragen.

Sie schreiben, es wird „ein Geschachere um die Führungsämter geben, das sich auf dem Bazar der Macht austobt“ – genau so etwas verstört doch die Menschen an der EU …

Das „Gescharere“ stört natürlich die Menschen, aber der „Bazar der Macht“ ist elementarer Bestandteil des Politischen. Es wäre naiv und amateurhaft, ein völlig anderes Vorgehen zu erwarten. Das wäre, als wolle man Atmen ohne Sauerstoff üben.

Europa sucht weiter nach einer Zukunftsstrategie für die EU – wie könnte diese aussehen?

Diese 100.000 Euro-Frage beantworte ich Ihnen nach einem entsprechenden Angebot.

Warum gehört auch „Smart Power“ dazu?

Komplexe Problemlagen benötigen Deutung, Erklärung, Interpretation. Diese ‚Smart Power‘ ist daher in der gegenwärtigen, vielschichtigen Herausforderung eine Schlüsselkategorie der Politik.

Sie haben Alt-Kanzler Helmut Kohl erlebt, welchen Rat würde er wohl dem heutigen Europa mit auf den Weg geben?

Er würde anraten, die mittel- und langfristigen Konstellationen Europas genau ins Auge zu fassen und darauf eine strategische Antwort zu geben. Diese Antwort muss dann mit großem Aufwand, viel Zeit und Kraft kommuniziert werden.

Vielen Dank für das Gespräch

 


Zur Vertiefung:

– Europa auf dem rechten Weg? ZDF-Doku über EU-Gegner auf Stimmenfang und über den Einfluss der Einfluss der EU-Kritiker

afd-new– Mein Beitrag vor der Europawahl: Die Leidenschaft, die es Populisten madig macht

– Lesenswert: Wenn ein Minister sich auskotzt (vom Blogger C. Hartung)

– Über Dr. Werner Weidenfeld

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